Anmeldung
Letztes Jahr hatte ich mir bereits das Rennen im TV angeschaut. Ein schöner, flacher Kurs vorbei an vielen Sehenswürdigkeiten Hamburgs‘. Da ich immer schon mal nach Hamburg wollte, weil alle Bekannten davon schwärmten, war ziemlich schnell klar, wo ich meinen Frühjahrsmarathon 2017 laufen wollte. Außerdem hatte ich auf der Marathonmesse einen 10 Euro-Gutschein auf die Startgebühr errubbelt (auch wenn der bei der Anmeldung nicht funktioniert hatte). Wichtigstes Argument war jedoch, dass Anfang 2017 die Elbphilharmonie „ziemlich sicher“ eröffnet werden sollte – nach zahlreichen Bauverzögerungen.
Trainingsplan
Im Winter kaufte ich mir die Neuauflage des Buches „Das grosse Buch vom Marathon: Training mit System“ von Hubert Beck. Na gut, das Training mit System ist so eine Sache bei mir. Aber an ein paar Ratschläge hab ich mich doch gehalten . Ich wollte nach dem 12-Wochen-Plan mit einer Zielzeit von 3:45 Stunden trainieren und so ging es im Februar los. Da ich dieses Jahr die Jahresanfangsgrippe ausgelassen habe und auch keine Verletzungen hatte, hielt ich mich diesmal sehr stark an den Plan. Ich trainierte jedoch weitgehend zwischen Sonntag und Donnerstag, da ich meist am Freitag nach der Arbeit in die Metzgerei fuhr. Außerdem mußte noch der Umzug von Michaela zu mir über die Bühne gehen – vormittags Möbel schleppen, dann einen Halbmarathon laufen & abends dann den Schrank aufbauen.
Anreise
Diesmal wollten wir nicht mit dem Bus fahren, da die Strecke viel weiter als nach Frankfurt ist und wir keinen Bock auf Dauerbeschallung durch osteuropäische Busfahrer hatten. Flugzeug war zu teuer und so landeten wir beim ICE. 6 Stunden sind vertretbar. Die Hinfahrt war super. Wir hatten ein eigenes Abteil und trafen dort Ralf, der auch auf dem Weg zum Marathon war. So war für Gesprächsstoff gesorgt. Er hat über den Salzburg-Marathon geschwärmt, den er schon zweimal gelaufen ist. Leider hab ich ihn vor/nach dem Rennen nicht mehr getroffen – genauso wie meinen Arbeitskollegen Martin, der zusammen mit seinem Vater seinen ersten Marathon laufen wollte (und dies erfolgreich in Sub-4 schaffte). Ein weiterer Vorteil ist, dass ich – wie jetzt gerade – bei der Rückfahrt schon meinen Blog schreiben kann – dank WifiOnIce. Auch die Rückfahrt bis München war total entspannt. Aber dann ist wieder Mal eine S-Bahn ausgefallen und Menschenmassen haben sich in die S-Bahn gequetscht. Typisch – man kann von überall auf der Welt herkommen und dann kommst Du nicht aus Minga raus. Danke MVV.
Nachdem wir im Hotel eingecheckt hatten sind wir am Freitag gleich auf die Marathonmesse. Das war gut so, da noch nicht so viel los war. Generell war die Messe überschaubar. Zuerst ergatterten wir wieder zwei Sleepys‘ – unter Vortäuschung falscher Namen, da die permanent anrufen. Bei der Messe suchte ich erstmal die blaue Linie. Ich wurde auch öfters angesprochen wegen meinem schönen Finishershirt von Frankfurt .
Die Teilnehmerliste war leider nicht so kreativ wie in Frankfurt. Dort hab ich mich erst nach detektivischer Kleinarbeit nach einer gefühlten Ewigkeit auf der Wand gefunden – bei den Hanseaten reicht das Alphabet
Hotel
In Hamburg Hauptbahnhof angekommen suchten wir mit Unterstützung von Google und Here das Hotel, welches wir schon vom Zug aus bei der Einfahrt gesehen hatten. Martin ist halt ein Navigationsgenie. Glücklicherweise gibt es beim Marathon die blaue Linie – wer weiß, wo ich sonst landen würde.
Das Ibis Budget war ganz OK. Es gab nicht viel Abstellmöglichkeiten und die Dusche im Zimmer integriert ist schon gewöhnungsbedürftig. Am ersten Morgen nahmen wir das Frühstück im Hotel. Das war aber ein riesiger Menschenauflauf und so richtig viel Auswahl hatten die leider auch nicht. Am Montag und Dienstag gingen wir deshalb zum Schanzenbäcker, direkt neben dem Spiegel-Verlagsgebäude. Das Frühstück dort war billiger und viel besser – mit Rührei . Außerdem gab es dort die Franzbrötchen, von denen Ralf vorgeschwärmt hatte. Leider konnte ich dem Bett nicht sehr gut schlafen. Und in der Nacht vor dem Lauf bin ich um halb 4 aufgewacht und konnte kein Auge mehr zudrücken. Auch hörte ich draußen den Sturm und Regen.
Sightseeing – Der Tag zuvor
Am Samstag gingen wir entlang der Speicherstadt zur Elbphilharmonie. Das Wetter war sehr stürmisch. Wir hatten Probleme vorwärts zu kommen. Vor der Elbphilharmonie bildete sich schon eine lange Schlange an Leuten, die die Plaza besuchen wollten. Wir bewunderten das Bauwerk heute nur von außen, da wir ja am Montag die Führung hatten. Plötzlich fing es an zu regnen. So flüchteten wir in eine Barkasse und machten eine einstündige Hafenrundfahrt. Das Boot wurde ganz schön durchgeschüttelt. Dabei sind wir zunächst in die Speicherstadt gefahren. Anschließend fuhren wir an den riesigen Docks vorbei. Zurück ging es zu den Landungsbrücken durch eine Schleuse direkt an der neuen Aida Prima vorbei – beeindruckend.
Als wir wieder an Land waren wechselte das Wetter ziemlich häufig. Mir war schon Angst und Bange wegen der Wettervorhersagen für den Sonntag. Am Abend gingen wir dann noch lecker Essen in der Brasserie im Chile-Haus – Pasta, was sonst. Durch das Carboloading die letzten beiden Tage fühlte ich mich mittlerweile wie ein Rollmops, der am nächsten Tag 42,195 km rollen muß. Dummerweise hab ich beim Herrichten der Laufklamotten mein XL-Trikot geschrottet und deshalb musste ich mit der L-Variante starten – was die Kompressionswirkung natürlich verstärkt hat 😉. Die Nacht war leider nicht sehr gut und ich stand wie gerädert auf.
Fotos vom Samstag findet Ihr (irgendwann ) in einem separaten Blog.
Startnummer
Kurz vor dem Lauf
Nach dem Aufstehen checkte ich noch 4 verschiedene Wettervorhersagen. Es reichte von „kein Regen“ bis 3 (von ca. 4) Stunden Regen. Beim Wind gab es eine Bandbreite von 17 bis über 60 km/h. Ich zog auf dem Weg zur Messe die Asics Cumulus Goretex an, damit ich wenigstens mit trockenen Socken starten konnte. Michaela hab ich auch aufgeweckt, denn sie wollte nach dem Frühstück direkt zum Fischmarkt.
Nach Ankunft in der Umkleidehalle ging ich erstmal auf die Toilette, da dort die Schlange nicht zu gross war. Es war sehr kalt in der riesigen Halle. Draußen gab es einen Regenguß. Noch 1 Banane und einen Riegel wegputzen und dann ging es ans finale Umziehen – mit Regenüberhang. Reifenwechsel auf „Mizuno Wave Rider 19 Hamburg 2016 Edition“ – vielleicht regnets ja doch nicht. Ausserdem hatte ich niegelnagelneue Kompressionssocken an (Kardinalfehler, der sich aber nicht mit Blasen o.ä. rächte). Den Kleiderbeutel musste ich auch noch abgeben. Dann in einer Riesenschlange vor den WCs anstellen. Danach merkte ich, dass der Stöpsel von meinem Walkman nicht dran war. Aber zurück zur Kleiderabgabe und diesen suchen wollte ich auch nicht. Also musste ich den Walkman spazieren tragen und mich auf die Atmosphäre an der Strecke verlassen. Da lädt man sich extra Freddy Quinn herunter, um dies beim Lauf auf der Reeperbahn zu hören.
Der Lauf
Raus aus der Umkleidehalle ging es dann zum Startblock G direkt am Messeturm. Es war im Startblock kein Gedränge, wie ich es von anderen Läufen her kenne. Die Uhr noch vorbereiten und das spontan gewählte Programm auswählen: km 1-15 in 5:31 / km 16-25 in 5:24 und dann noch den Rest in 5:27 Minuten pro Kilometer. Leider fand ich Martin und seinen Vater nicht und auch Ralf hab ich nicht gesehen. Als sich mein Block langsam gen Startlinie bewegte riss ich mir den Regenumhang runter und legte ihn auf eine Verkehrsinsel. Dann fing es an zu tröpfeln und rechtzeitig bei Überqueren der Startlinie begann ein Regenschauer.
Los gings mit dem Moderator und „Hummel Hummel“, worauf wir mit „Mors, Mors“ (ich hab irrtümlicherweise Moin, Moin gerufen) antworteten.
Wir liefen dann vom Messegelände bei doch sehr starkem Gedränge in Richtung St. Pauli. Auf der sündigen Meile war zu der Zeit noch wenig Verkehr Dafür stand das Wasser bereits in meinen Schuhen und ich war jetzt schon „Land unter“.
Weiter ging es an den schwankenden Türmen in eine Villengegend Richtung Altona bis zum Wendepunkt. Zurück zur City liefen wir dann entlang der Landungsbrücken am Fischmarkt vorbei zur Elbphilharmonie. An der Brücke vom Kaiserkai sollte Michaela stehen, aber ich hab sie leider nicht gesehen – und sie mich leider auch nicht, weil ich zu früh gestartet war. Dort standen wie meist entlang der Strecke sehr viele Zuschauer und sorgten für eine Riesenstimmung. Das Wetter wurde auch wieder etwas besser. Als wir dann jedoch in der Speicherstadt ankamen, fing es wieder an zu regnen.
Glücklicherweise haben wir das gar nicht so mitbekommen, da wir in den Wallringtunnel einliefen. Das war eines der Highlights – 550m unterirdisch durch die Tunnelröhre zu laufen. Dieser wurde mit Musik beschallt und immer wieder gab es Gröllattacken. Super. Die Zuschauer am Ende des Tunnels müssen gedacht haben, jetzt kommt eine Horde Barbaren. Plötzlich gab es wieder Sonnenschein. Mittlerweile musste ich seeeeeehr dringend meine Blase entleeren. Dann ging es am Jungfernstieg fast einmal im die Binnenalster entlang des Nobelhotels „Vier Jahreszeiten“. Ich nutzte die Gelegenheit und Gebüsche – Wildpinkeln ist verboten, aber Mann ist halt Gentleman und überlässt den tapferen Marathonladies die Dixies. Kurze Zeit später und enorm erleichtert ist ein Überholer mir dann direkt vor die Füsse gelaufen und ich musste abrupt ausweichen. Vollidiot – wenn der im Straßenverkehr auch so überholt. Ich merkte ein Ziehen und einen Schmerz im linken Oberschenkel, der mich den Rest des Weges begleiten sollte.
Anschließend rannten wir entlang der Außenalster, die mit Segelbooten überzuckert war in Richtung Halbmarathon. Vorbei an wunderschönen Kirschblütenbäumen wurde es vom Terrain etwas hügelig bis zur 25km-Marke bei Ohlstedt. Nun war das schneller angelegte Mitteldrittel überstanden. Ich drosselte leicht das Tempo, um noch etwas Reserven für den Endspurt zu haben. Trotz des kalten Wetters lies ich keine Verpflegungsstation aus – Wasser & Banänchen en Mass. Die mitgenommenen Gels und Magnesium sollten auch reichen.
Am Flughafen vorbei ging es nun wieder Richtung City. Ab und zu sah man den Messeturm schon. Kurz fing es an zu Hageln und nochmal zu regnen. Später kam dann die Sonne wieder raus. Dank des Carboloading hatte ich diemal keine Begegnung mit dem Hammermann. Wir sind dann auch noch an der Tchibo-Zentrale vorbeigekommen. In der Stadt wurden es wieder mehr Zuschauer und die Kinder zählten mit, wie viele Läufer sie abgeklatscht haben.
Bei ca. Km 39 bin ich aus versehen auf den Pause-Knopf auf der Uhr gekommen. So war ich mir unsicher, wie lange ich „pausiert“ habe. Am Ende waren es dann ca 25 Sekunden. Aber dadurch bin ich etwas aus dem Konzept gekommen. Trotzdem sollte die 3:50-Grenze machbar sein. Die letzten beiden km gab ich nochmal Gas. Das ist das schönste, wenn man am Ende noch die Kraft hat und an dem Einen oder Anderen vorbeiziehen kann. Dann war es geschafft – ich war fix und fertig und überglücklich. Mission erfüllt.
Nach dem Lauf
Nach dem Überqueren der Ziellinie setzte sich der Tross der erschöpften Marathonis zur Medaillenübergabe. Dann ging es in die Verpflegungshalle, wo es wieder Gemüsebrühe, Bier und Salzbrezeln zum Auftanken gab. Es war aber saukalt und ich zitterte am ganzen Körper. Dann gleich zum Umziehen. Trotz der warmen Sachen fror ich weiter. Handy einschalten und freudig Michaela geschrieben, die noch im Hagenbeck-Tierpark war. Martin hat sich auch schon gemeldet und er und sein Vater sind auch super durchgekommen. Jetzt ist auch er ein Marathoni. Dann bekam ich eine SMS mit meiner Zeit: 3:48:45. NEUE PB – fast 4 Minuten schneller als in Frankfurt. Und das bei den Witterungsbedingungen.
Leider war die Ausschilderung nach Verlassen der Umkleidehalle nicht so super und so bin ich ewig umhergeirrt auf der Suche nach der Medaillengravur. Die ging aber sehr schnell. Da sich bei den Essenständen lange Schlangen gebildet hatten wollte ich nur noch ins Hotel unter die Dusche. Nun wieder auf die Suche machen nach der U-Bahn. Leider musste ich dabei noch ganz viele Treppenstufen absolvieren. Nun merkte ich die Zerrung (?) Im oberen vorderen Oberschenkel extrem. Bei der Station Jungfernstieg kaufte ich mir noch ein warmes Baguette und im Hotel dann noch einen „Coffee-to-go“, obwohl ich vom Laufen nun genug hatte. Nach der Dusche haben wir dann ein kurzes Nickerchen gemacht.
Am Abend hatte das Lokal, welches wir uns am Vorabend ausgesucht hatten, leider geschlossen. Deshalb suchten wir ewig noch nach einem Lokal, in dem es Labskaus gibt. An der Binnenalster fanden wir dann eine gemütliche Gaststätte. Ich hab Michaela versprochen, dass ich, wenn ich unter 4 Stunden bleibe am Abend Labskaus essen würde – bei unter 3:50 sogar mit Fisch. Naja, das sieht nicht sehr ansehnlich aus – schmeckt aber gar nicht so übel .
Medaille
Strecke
Urkunde
Finishershirt
The Day After
Nach ziemlichen Schmerzen in den Oberschenkeln konnte ich leider nicht allzu gut schlafen. Aber das Frühstück war sehr lecker. Der Wetterbericht hatte für Montag ganz übles Wetter angesagt. Aber wir hatten Glück, dass wir meistens während der Regenschauer drinnen waren.
Nun ging es zur Elbphilharmonie, um 11:30 Uhr hatten wir die Hausführung. Wir sind dann vom Besucherzentrum über die längste Rolltreppe Europas zur Plaza hochgefahren. Von dort aus besichtigten wir erstmal den kleinen Saal (max. 550 Zuschauer). Alles duftet nach Holz.
Leider mussten wir dann die Treppen hoch zum 16. Stock. Jede Stufe tut einfach nur weh. Aber im großen Saal war gerade eine Probe des Orchesters von Stardirigent Nagano. Gigantisch diese Architektur und der Klang. Das Highlight der Reise. Leider ist mittlerweile ein Fotografierverbot.
Nach dem Besuch des Störtebecker-Lokals mit dürftiger & überteuerter Speisekarte gingen wir in ein Lokal in der Hafen-City, wo ich eine Currywurst und Michaela einen Riesenburger genießen konnten. Dann machten wir uns auf den Weg in die Speicherstadt zum Miniaturwunderland. Ganz toll & witzig – nicht nur für Eisenbahnfans. Nur diese Treppenstufen
Weitere Fotos werde ich noch in einem eigenen Beitrag nachliefern.
Am Abend bummelten wir noch etwas in der Stadt, um dann das Abendessen in dem tollen Lokal zu genießen. Zum Schluss gabs auch für mich noch einen leckeren Hamburger.
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