Auch dieses Jahr wird der WingsForLife-WorldRun ausschließlich als AppRun durchgeführt. Letztes Jahr hatte ich noch 24,06 km geschafft bis ich vom sog. Catcher Car eingeholt wurde. In den letzten Läufen im Training kam ich aber nur maximal auf die prognostizierte Halbmarathon-Distanz. In letzter Zeit „läuft“ es einfach nicht so gut mit dem Laufen. Für den Leipzig-Marathon hatte ich im April sogar einen Halbmarathon als Vorlauf gebraucht, aber dann doch noch geschafft.
Da am 09.05. auch Muttertag ist, hatte ich geplant, zu meiner Mama zu fahren und dann die ca. 24 km nach Hause zu laufen. Am Montag könnte ich mit dem Fahrrad mein Auto wieder abholen. Der Wetterbericht sagte für Sonntag erstmals in diesem Jahr richtige Sommertemperaturen voraus. Bislang bin ich in diesem nassen und kalten Jahr nur ganz selten Kurz-Kurz gelaufen und hatte immer einen Buff um den Hals (nicht nur zum Covid19-Schutz).
2019 bin ich fast dieselbe Strecke schon mal beim WingsForLife-WorldRun gelaufen – aber in die andere Richtung. Da es über 25 Grad warm werden sollte und ein leichter Wind aus Osten vorhergesagt wurde, schien mir die Strecke von Steindorf (im Westen) nach Gernlinden (im Osten) am geeignetsten. Dadurch hätte ich – trotz der Mittagssonne – wenigstens einen Kühleffekt durch den Wind. Das war der Plan.
Nach dem Frühstück und Zusammensammeln der Laufutensilien hab ich mich von Michaela verabschiedet und bin mit dem Auto nach Steindorf gefahren. Den Corona-Schnelltest hab ich am Morgen gemacht. Dabei hab ich zwei Trinkflaschen (mit jeweils 1 Gel) an der Strecke deponiert. Noch kurz bei meinem Papa vorbeigeschaut und dann gings zur Metzgerei, um meiner Mama die Muttertagsgeschenke zu übergeben – hatte gestern extra noch einen Rüblikuchen gebacken.
Mittagessen hab ich ausfallen lassen – na gut, zwei Wiener mussten schon noch rein. Danach die Laufklamotten anziehen und alles herrichten. Um kurz vor 13 Uhr hab ich mich von meiner Mutter und meinem Bruder verabschiedet und bin allein zum Startpunkt am Ortsschild Richtung Eresried gegangen. Ich wollte nicht direkt vor der Metzgerei starten, um den kleinen „Anstieg“ zum Ortsausgang auszulassen. Es war richtig warm und ich suchte schattenspendende Bäume. Nochmal die App und die Spotify-Playlist starten, ein paar Bilder schießen und auf gehts zum Startpunkt.
Der Countdown lief unerbärmlich runter und der Moderator Frank Buschmann schickte weltweit ca. 100.000 Läufer gleichzeitig auf die Strecke. Wir wollten für diejenigen Laufen, die nicht (mehr) laufen können. Sämtliche Einnahmen gehen in die Rückenmarksforschung. Los geht’s um Punkt 13 Uhr mit dem Betätigen des Start-Button in der App. Nicht vergessen, die Laufuhr auch noch zu starten.
Bei schon recht starkem Gegenwind ging es in der Knalle-Mittagssonne los am „Käpplekreuz“ vorbei zum Gemeindeteil Eresried. Vor dem Ort ging es in die Senke runter und gleich wieder rauf. Am Ortseingang war km 2 – natürlich schneller als geplant- geschafft.
Durch den Ort mal ohne den Gegenwind und Richtung Steinbach. Vorbei an der Waguye-Rinderfarm, wo mir der Besitzer Sepp Krätz zusah. Rein in das kurze Waldstück, wo mir eine Gruppe von sieben Radlerinnen entgegenkamen – sicherlich alle aus demselben Haushalt ;-). Obwohl sie um die 50 Jahre alt waren, waren sie mit E-Mountainbikes unterwegs. Überhaupt hab ich heute fast nur Ebikes gesehen. Der Deutsche hats halt bequem.
Am Ende des Waldes verließ ich den Landkreis Aichach-Friedberg und war im Landkreis Fürstenfeldbruck angekommen. Erstmal ging es noch bergauf bis zum höchsten Punkt an der Strecke, wo auf dem Bänkchen ein Ebiker pausierte (von was???). Jetzt ging es runter und gleich wieder hoch Richtung Luttenwang, wo ich ganz gut durch den Ort kam. Am Ortsausgang gleich wieder Gegenwind.
Vorbei von einem Spalier aus blühenden Rapsfeldern mit einem wolkenfreien Himmel im Hintergrund lief ich nach Nassenhausen, wo ich meine erste Trinkflasche am Willkommen-Schild versteckte. Leider hat die Sonne mein Getränk ziemlich erwärmt.
Wegen einer Baustelle musste ich eine größere Schleife durch den Ort nehmen und bin dann auf dem Radlweg Richtung Kieswerk Mammendorf gelaufen. Nach 50:23 Minuten hatte ich 10 km geschafft. Viel zu schnell angegangen. Der Wind wurde immer ekelhafter, aber dadurch habe ich sehr wenig geschwitzt.
Auf der Rückseite ging es an der Kiesgrube vorbei auf dem Feldweg bis zum Sportzentrum von Mammendorf. Ich musste eine erste Gehpause einlegen und lief dann durch den Ort. Da die Straße an der B2 sehr breit war, wurde der Wind auch nicht so sehr aufgehalten.
Am neuen Rathaus weg von der B2 und zum seit gestern berühmtesten Mammendorfer – dem Kreisel. Dieser wurde – obwohl sich direkt daran eine Bushaltestelle befindet – an Ostern um 12 cm erhöht (für 18.000 Euro). Danach hat man festgestellt, dass vor allem die Busse nicht mehr herumfahren können. Nun muss er für 18.000 Euro wieder abgesenkt werden. Aber so hat der Kreisel es zum „Hammer der Woche“ im ZDF-Länderspiegel vom 08.05.2021 geschafft.
Nach dem Kreisel Richtung Ortausgang musste ich wieder eine Gehpause einlegen. Dabei hab ich meine langen Laufsocken heruntergezogen, um wenigstens etwas Luft und Kühlung zu bekommen. Nun ging es bei vollem Gegenwind in der prallen Sonne Richtung Obermalching. Ich hatte mittlerweile 15 km geschafft und laut Vorhersage würde es knapp werden mit dem Minimalziel „Halbmarathon“.
Bei dem Baum vor dem Ort „Galgen“ hatte ich wieder meine zweite Trinkflasche deponiert. Gleich das Gel nehmen (klebt eklig an den Händen) und abwechselnd laufend und gehend den leichten Anstieg nach Obermalching hinauf. Auf dem Radlweg dann raus Richtung Maisach – zum letzten Mal bergab.
Am Ende des Radlwegs musste ich auf der Straße weiterlaufen. Ich entschied mich, nicht entgegen der Fahrtrichtung die ca. 1 km bis zum nächsten Kreisel zu laufen. Als mir ein Auto entgegenkam, wurde ich knapp von einem schwarzen Audi A6 mit FFB-Kennzeichen (wenn ich es nicht vergessen hätte, hätte ich das komplette Kennzeichen hier angegeben) überholt. Ich zeigte dem Fahrer einen dezenten Mittelfinger. Hätte ich schneller geschaltet, hätte ich ihm die Trinkflasche hinterhergeworfen. Fast genau an der selben Stelle hat mich vor 4 Jahren mal ein Autospiegel am Ellenbogen erwischt. Seitdem meide ich diesen kurzen Streckenabschnitt eigentlich.
Voller Wut im Bauch und mit der Ansage, dass das Catcher Car knapp hinter mir war, lief ich durch den Kreisverkehr bis zum Ortseingang von Maisach. Dort zeigte meine Uhr an, dass ich nach 19,71 km von dem Catcher Car eingeholt wurde. Die App hingegen, die bis dahin einwandfrei funktionierte, zeigte an, dass ich schon knapp 24 km weit war und die mittlerweile nervige Ansage von Buschmann behauptete, dass das Auto 500 Meter hinter mir war.
Ein kurzes Selfie am Ortseingang und danach ging ich etwas. Da ich mich nicht mehr auskannte, ob ich noch im Rennen war, lief ich wieder etwas los. Ich hatte ja noch knapp 4 km bis nach Hause. Nach einer weiteren Gehpause kam aus einer Seitenstraße ein Läufer, der mich ansah und meine Startnummer erkannte. Er winkte recht freundlich und ich versuchte, mich an ihn zu heften. Er war wohl noch im Rennen. Dann müsste ich ja auch noch drin sein. Ich hatte schon einen leichten Sonnenstich. Raus aus Maisach und auf dem Feldweg heim nach Gernlinden.
Auf halber Strecke schaute ich nochmal auf die App – ich war immer noch im Rennen. Das kann doch nicht sein und ich hab bei laut App 25,96 km den Lauf beendet.
Auf der Uhr waren es 22 km. Auf dem Handy war auch eine Whatsapp von meinem Arbeitskollegen Stefan, der auch aus dem Rennen war. Ich schrieb ihm und war mir sicher, dass er weiter gekommen war als ich.
Den Rest der Strecke ging ich gemütlich nach Hause. Dabei entdeckte ich, dass mein Laufshirt sehr weiß war von dem ausgeschwitzten Salz. Die Trinkflasche war auch schon leer. Dummerweise hab ich die Salztabeletten spazieren getragen und vergessen zu nehmen. Endlich zuhause angekommen öffnete mir Michaela die Tür und fragte gleich wie ich aussehe. Der Blick in den Spiegel machte klar, dass mein Gesicht total „gesalzen“ war.
Erstmal die Klamotten runter und gleich unter die Dusche. Der Salzanteil im Abwasser stieg immens. Zum Kaffee ein Stück Kuchen und danach gleich ein leichtes Weißbier – wegen der Elektrolyte. Es war erst richtig schön auf der Terrasse in der Sonne. Doch nach einiger Zeit wurde mir schlecht und ich fing an, extrem zu schwitzen. Ich legte mich nochmal kurz ins Bett und machte mir danach eine Instant-Gemüsebrühe. Dann ging es mit dem Kreislauf wieder aufwärts.
Am Abend hab ich anhand von Garmin die korrekte Strecke ermittelt und an den Veranstalter gemeldet. Am Montag kam auch eine Antwort, dass sie meine gelaufene Strecke korrigiert haben. Bin halt „a ehrlicher Lump“ – aber ich wollte mich nicht mit falschen Lorbeeren schmücken. Und so war ich doch langsamer als TV-Moderator Kai Pflaume, der den Halbmarathon erreichte.
Obwohl ich mich ziemlich geärgert habe, dass ich diesmal nicht die Halbmarathon-Distanz geschafft habe, bleibt es bei dem Motto „Et is, wie et is“. Im nachhinein ist man immer klüger, woran es gelegen hat: am Sonne, am Wind, an der Laufrichtung, an der (körperlichen/läuferischen) Form, an der Laufverpflegung, u.v.m. Laufen ist halt ein Freiluftsport und man sollte einen Wettkampf nur körperlich und geistig topfit antreten. Sonst geht man ein – so wie ich Heute. Kopf hoch – Krönchen richten – nächstes Jahr heißt es: Attacke auf die 21,1 km.