Anmeldung
Nachdem ich die Anmeldung für 2014 leider verpennt hatte war ich im November 2014 einer der Ersten, die sich für den 42. Berlin Marathon registriert haben. Anfang Dezember kam dann die Bestätigung, dass ich ausgelost wurde für einen der über 40000 Startplätze. Es wurde also Ernst: Aus dem Traum wird Wirklichkeit:
Ich wollte einmal einen Marathon laufen und das sollte in meiner Lieblingsstadt sein. Ein langes Jahr mit vielen Entbehrungen und hartem Training lag vor mir, was mir zu diesem Zeitpunkt sicher noch nicht in vollem Umfang bewusst war.
Trainingsplan
Als Trainingsplan suchte ich mir das 10-Wochen-Programm von Herbert Steffny mit einer Zielzeit unter 3:45 aus. Wichtiger als die Zeit war jedoch, überhaupt gesund anzukommen. Die Zeit hielt ich aufgrund der tollen Halbmarathonzeiten im Frühsommer realistisch. Auch der Friedberger Halbmarathon lief genial, obwohl nur zwei Wochen vor Berlin.
Anreise
Am Donnerstag sind wir mit dem Auto nach Berlin gefahren, da Martin ja für alle (Wetter)Eventualitäten gewappnet sein wollte. Am Hotel Bärlin angekommen war dieses gar nicht da. Es gibt in Berlin mehrere Stadtteile, in denen es die gleiche Adresse gibt. Also Navi neu programmieren und quer durch die Stadt zur Rush Hour.
Hotel
Das Hotel sah von Außen OK aus, lag aber an einer riesigen Kreuzung. Selbst vor dem Marathon war es nicht möglich innerhalb einer Ampelschaltung bei grün die Straßenseite zu wechseln. Und alle paar Sekunden flog ein Flugzeug über uns – wir waren direkt in der Einflugschneise nur 2km von Tegel entfernt und der Flughafen BER wurde nicht rechtzeitig fertig. Von Innen war es dann sehr alt, kein Aufzug und uraltes Treppenhaus mit einem Bild von Kennedy als er vor dem Hotel vorbeifuhr. Der Fernseher war ein klitze-kleiner Röhren-TV.
Nach der ersten Nacht fragten wir am Morgen, ob wir wegen dem Straßenlärm umziehen können. Sie boten uns dann am Abend den Umzug in ein anderes Zimmer an. Dort funktionierte jedoch die Klospühlung nicht und das Wasser kam aus Bidet, Dusche und sogar Wasserbecken hoch. Lecker. So zogen wir am Vorabend des Marathon nochmal komplett um. Am Abreiseabend hatten wir wieder das gleiche Problem und ich habe die Mauer wieder errichtet – aus Handtüchern, um das Wasser zurückzuhalten.
Sightseeing
Am Freitag holten wir die Startunterlagen bei der Marathonmesse am ehemaligen Flughafen Tempelhof ab. Tolle Messe und super organisiert.
Da jeder Läufer ein Armband bekommt, erkennt man sie immer wieder in der Stadt. Danach etwas Shopping und wir haben uns noch mit Michaelas Familie am Alex getroffen und waren lecker italienisch Essen. Am Samstag stand eine Spreefahrt und etwas bummeln auf dem Plan. Die Aufregung war schon spürbar. In der Stadt drehte sich alles um den Marathon. Scheinbar haben Alle so ein Bändchen.
Am Samstag Abend sind wir – nach dem Umzug – dann noch beim Argentinier (der von Türken betrieben wurde) zum Essen gegangen: Nudeln.
Startnummer
Kurz vor dem Lauf
Nach einer kurzen Nacht (Nachtflugverbot ab 23 Uhr wird streng ausgereizt) ging um 6 Uhr in Tegel der Flugbetrieb wieder los. Dann Duschen und die Renn-Klamotten anziehen. Packen und auf geht’s zum Reichstag.
In Berlin ist für Läufer keine freie Fahrt mit dem ÖPNV. Karte gekauft – auf der Rückfahrt wurde kontrolliert. Am Bahnhof Friedrichstrasse sind dann Alle ausgestiegen und wie Lemminge zum Startbereich gegangen. Noch startfertig machen, Fotos schießen (lassen) und ab zur Kleiderabgabe.
Auf dem Weg zum letzten Startblock für die Newbies noch im Garten des Reichstages einen Busch gegossen. Dann ging es in den Startblock H?. Bei strahlendem Sonnenschein warteten wir dann bis zum Start der Elite. Die Stimmung war toll und alle wollten einfach nur loslaufen. Hab mich mit einem Marathoni (57 Teilnahmen) unterhalten, der mir von Rom vorschwärmte. Zum Hauptstart wurden tausende gelbe Luftballons losgelassen. Langsam setzte sich der Tross in Bewegung.
Der Lauf
Kurz vor dem Start flogen die Klamotten und Abfalltüten (als Kälteschutz) zur Seite. Dann der Start direkt auf die Friedenssäule mit ihrem goldenen Engel zu, der in der Sonne noch mehr glänzte. Danach war das Feld vereint – es ist wie stockender Verkehr auf der A8. Man ist immer eingehüllt in eine Menschentraube.
Für Raser wird es da schwierig, zu schnell anzugehen. Dann liefen wir über Moabit zur Friedrichstrasse und über den Alex.
Weiter über Neukölln und Kreuzberg. Vom Feeling her hatte ich ein gutes Gefühl. Bin auch nicht zu schnell angegangen. Bei HM-Distanz am Schöneberger Rathaus war ich mir sicher, dass ich die Distanz durchhalten kann.
Aber das zweite Ziel war, unter 4 Stunden zu bleiben. So beschloss ich, bis Kilometer 30 das Tempo zu halten. Dann – wenn der Mann mit dem Hammer üblicherweise kommt – wird entweder er mich erschlagen oder ich vor ihm davonlaufen. So gab ich Gas und wollte Zeit aufholen. So viel Kopfrechnen hab ich schon lang nicht mehr gemacht. Es war wie ein Slalomlauf auf dem Kurfürstendamm und langsam wurden die Beine doch schwer. Ab dem Potsdamer Platz hieß es dann, Zähne zusammenbeißen.
Dann nach zahlreichen Winkeln bogen wir auf die Straße Unter den Linden und hatten das Ziel vor Augen – das Brandenburger Tor. Jetzt nochmal Vollgas an Adlon und Französischer Botschaft vorbei. Vielleicht klappts noch mit U4. Durch das Tor lief es mir eiskalt den Rücken runter. Jetzt noch ein paar Meter – gefühlt eine Ewigkeit und dann … Einlauf ins Ziel. Geschafft – Fick und Fertig.
Dann wurde die Medaille umgehängt und eine gelbe Mülltüte von Adidas gab uns Wärme – bei strahlendem Sonnenschein.
Aber der Körper ist dermaßen ausgepowert. Wir wurden dann auf die Wiese vor dem Reichstag geleitet (der zuvor wegen einer Bombendrohung evakuiert worden war) Was sollte man jetzt nicht machen: hinlegen (weil man muss ja wieder aufstehen). Lauter erschöpfte, ausgemergelte aber glückliche Menschen in gelben Umhängen. Wenn die Kanzlerin da aus dem Fenster des Kanzleramts rausgeschaut hat, hat sie bestimmt gedacht, dass die Invasion der Minions begonnen hat.
Nach dem Rennen
Am Brandenburger Tor traf ich dann Michaela wieder und ich ließ mir noch meine Urkunde ausdrucken.
Auf der Rückfahrt zum Hotel wurden sogar die Fahrkarten kontrolliert. Nur in Berlin müssen Marathonis am Tag ein Ticket kaufen. Nach der Dusche sind wir dann zum Argentinier zum Essen gegangen. Nach der Bestellung musste ich raus an die frische Luft. Der Kreislauf ging in den Keller und ich wurde blass und schwitze wie ein Schwein. Das Essen tat aber gut und am nächsten Morgen ging es los zum wohlverdienten Shopping. Man erkannte die Marathonis an den Treppen. Beginnen oben rechts und kommen unten links an.
Meine „Behinderung“ erkannten am U-Bahnhof Friedrichsstrasse leider auch Taschendiebe. Ehe ich mich umsah, war der Geldbeutel aus der Hosentasche weg. Nach Durchsuchen der Mülltonnen (nicht nach Pfandflaschen) rief ich bei der Bank an, um die Karten zu sperren. Danach sind wir zur Bundespolizei (mit riesiger Stahltür) am Reichstag, um den Diebstahl zu melden. Mit Stinklaune sind wir dann zuerst an den Friedhof von Michaelas‘ Oma. Da rief mich dann ein Bahnvorsteher vom Alexanderplatz an, mein Geldbeutel sei leer gefunden worden. Aber Papiere sind noch da.
Der Appetit auf meinen Döner, den ich als Ziel während dem Lauf vor Augen hatte, war leider zwischenzeitlich vergangen. Wir gingen dann noch in der Mall of Berlin shoppen und ich habe keinen Cent ausgegeben. 180 Euro waren trotzdem weg.
Am Dienstag ging es dann mit dem Auto zurück nach Bayern.